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Aktuelles

21.06.2016

Fünf Jahre Praktikum - Arbeitgeber muss 50.000 EUR Vergütung nachzahlen!

Der Missbrauch von unbezahlten Praktika wurde durch die Einführung des Mindestlohngesetzes erheblich erschwert. Betroffen waren zumeist Berufsanfänger, die nach erfolgreichem Studium oder Ausbildung in das Berufsleben starten wollten. Anstatt eines Arbeitsvertrages erhielten sie zunächst einen Praktikantenvertrag. Eine angemessene Vergütung erhielten die zumeist in Vollzeit tätigen Praktikanten nicht.

Im vorliegenden Fall wehrte sich eine junge Frau, die beim beklagten Unternehmen bereits fünf Jahre als Praktikantin beschäftigt war. Für Ihre Vollzeittätigkeit (43 Wochenstunden) erhielt sie lediglich 300 EUR monatlich. Überstunden waren in der Vergütung mit inbegriffen. Im Durchschnitt kam die junge Frau damit auf einen Stundenlohn von 1,75 EUR! Mit ihrer Klage begehrte die Praktikantin nun die übliche Vergütung für die vergangenen Jahre.

Das Landesarbeitsgericht München gab der Praktikantin dem Grunde nach Recht. Die vereinbarte Vergütung ist sittenwidrig. Allerdings sprach das Landesarbeitsgericht München der Praktikanten nicht die für die Tätigkeit entsprechende übliche Vergütung zu, sondern legte den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR brutto zugrunde. Die beklagte Arbeitgeberin muss nun 50.000 EUR Gehalt, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen (Urteil vom 13.06.2016 - 3 Sa 23/16).

Der vorliegende Fall zeigt, dass das Mindestlohngesetz in Bezug auf die Entlohnung von Praktikanten bereits Früchte getragen hat. Unbezahlte Praktika sind seit Einführung des Mindestlohngesetzes am 01.01.2015 nur noch in Ausnahmefällen zulässig; beispielsweise bei Pflichtpraktika oder bei freiwilligen Praktika bis zu drei Monaten. Darüber hinaus ist bei einem Praktikantenverhältnis auch immer zu prüfen, ob es sich nicht in Wahrheit um ein Arbeitsverhältnis handelt. Denn Praktikanten sollen praktische Kenntnisse und Erfahrungen zur Vorbereitung für eine berufliche Tätigkeit sammeln und keine echte Arbeitsleistung erbringen.

Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer sollten bei Eingehung eines Praktikantenverhältnisses deshalb immer das Mindestlohngesetz im Auge behalten. Um die Gefahr hoher Nachzahlungsansprüche einzudämmen, ist es Arbeitgebern zu raten, vor Beschäftigung eines Praktikanten die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen durch einen Rechtsanwalt prüfen zu lassen.