Die vormalige Bundesregierung hat ihr selbst gestecktes Ziel, den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Entbürokratisierung zu fördern, im Rahmen einer durch den Bundestag am 04.07.2024 beschlossenen Änderung des § 1092 BGB (Gesetzesentwurf vom 20.12.2023, BT-Drucksache 20/9890) vorangetrieben und die Übertragbarkeit von beschränkt-persönlichen Dienstbarkeiten auf dem Gebiet der Energieerzeugung ausgeweitet.
Grundsätzlich sind beschränkt persönliche Dienstbarkeiten nicht übertragbar. Lediglich für einige wenige Tatbestände sah § 1092 Abs. 3 BGB a.F. eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor. Anlagen, die unmittelbar der Energiegewinnung dienen, sei es durch Wasserkraft, Windenergie, solare Strahlungsenergie, Geothermie, Umweltwärme oder aus Biomasse, zählten bislang nicht dazu.
Im Rahmen der Entwicklung solcher Anlagen zur Energiegewinnung erfolgt regelmäßig die Eintragung einer beschränkt-persönlichen Dienstbarkeit zugunsten des Betreibers, um sein schuldrechtliches Nutzungsrecht grundbuchlich und damit dinglich abzusichern. Da damit aber nicht zugleich ein Sicherungsrecht für das finanzierende Kreditinstitut verbunden war, forderten die Kreditinstitute regelmäßig die Eintragung einer eigenen, vom Nutzungsvertrag unabhängigen beschränkt-persönlichen Dienstbarkeit. Dies führte aus Sicht der vormaligen Bundesregierung zu aufwändigen und komplizierten Vertragsgestaltungen und Ersatzlösungen für Anlagen zur Energiegewinnung. Dementsprechend wurde § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB neu gegliedert, sprachlich angepasst und die Gesetzesvorschrift um weitere Tatbestände in Nr. 1 ergänzt. Die Ergänzung in § 1092 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB lautet:
„Steht einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu, so ist die Dienstbarkeit übertragbar, wenn sie dazu berechtigt, ein Grundstück zu nutzen für
1. Anlagen zur Nutzung von Wasserkraft, Windenergie, solarer Strahlungsenergie, Geothermie, Umweltwärme oder Energie aus Biomasse,
2. (…)“
Ob das Ziel der Vereinfachung der Vertragsgestaltungen durch die Neufassung und Ergänzung von § 1092 BGB erreicht wird, darf bezweifelt werden. Aus Sicht des Anlagenbetreibers und des finanzierenden Kreditinstituts mag diese Gesetzesänderung eine Arbeitserleichterung bedeuten. Betroffene Grundstückseigentümer werden durch diese Änderung allerdings in die Defensive gebracht, da ihr Wunsch, sich nicht häufig wechselnden Vertragspartnern gegenüber zu sehen und Nutzungsvertrag und dingliche Sicherung zusammenzuhalten, mit der Änderung grundsätzlich ignoriert wird.
Mehr denn je besteht die Gefahr, dass Nutzungsvertrag und dingliche Sicherung auseinanderfallen und der Grundstückseigentümer sich zur Duldung der Nutzung seines Grundstücks durch von ihm nicht selbst ausgewählten Vertragspartnern verpflichtet sieht. Dies macht es erforderlich, der Rechtsfolge von § 1092 Abs. 3 Nr. 1 BGB auf vertraglicher Ebene und auch im Rahmen der Bewilligung der Dienstbarkeit konsequent entgegenzutreten. Die von der Bundesregierung angestrebte Erleichterung von Vertragsgestaltungen dürfte damit ins Leere gehen, denn betroffenen Eigentümern ist zu raten, ihre Interessen gegenüber den Entwicklern konsequent zu vertreten und sich im Rahmen von Vertragsverhandlungen über Nutzungsverträge im Bereich der erneuerbaren Energien umfassend und fachlich versiert anwaltlich beraten zu lassen.