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Aktuelles

13.05.2019

Anmerkungen zum Urteil des Oberlandesgerichts des Landes Sachsen-Anhalt

Anmerkungen zum Urteil des Oberlandesgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 16.01.2019 zu der Frage, wann bei einem öffentlich ausgebotenen Grundstück das Höchstgebot ausnahmsweise nicht den Marktwert im Sinne des Grundstücksverkehrsgesetzes widerspiegelt

Normen: § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG, Art. 87 AEUV, Art. 88 AEUV

Az.: 2 Ww 12/10

 

Das zu entscheidende Verfahren hat bereits Rechtsgeschichte im Bereich des Grundstückverkehrsgesetzes geschrieben. Hintergrund ist die Veräußerung von Grünlandflächen durch die BVVG, die diese in einem öffentlichen Ausbietungsverfahren ausgeschrieben hat. Die potentiellen Erwerber – Nichtlandwirte – haben für die Fläche einen Preis von 29.000,00 € geboten. Die weiteren Bewerber boten 13.000,00 €, 12.000,00 €, 9.500,00 €, 9.500,00 € und 7.000,00 €.

Die Genehmigungsbehörde hatte der Veräußerung die Genehmigung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG versagt, da ihrer Ansicht nach der vereinbarte Kaufpreis in einem objektiven groben Missverhältnis zum Verkehrswert des Grundstückes stünde. Zur Ermittlung des Verkehrswertes als Vergleichsmaßstab bezog sich das Amtsgericht auf den bis dahin in diesen Fragen angenommenen „innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert“. Die Erwerber und die BVVG wehrten sich gegen diese Entscheidung, da ihrer Auffassung nach es mit dem europäischen Recht unvereinbar sei, den Begriff „Verkehrswert“ mit einem innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert anzusetzen, der dem objektiven Marktwert eines Grundstückes nicht entspreche. Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt wies die Beschwerde zurück, ließ allerdings die Rechtsbeschwerde zum BGH zu, die auch eingelegt wurde. Der BGH legte den Rechtsstreit dem EuGH gemäß § 107 AEUV zur Entscheidung vor. Der EuGH führte aus, dass es auch im Bereich des Grundstückverkehrswertes grundsätzlich auf den Marktwert im Sinne des Marktwertbegriffes des Europäischen Rechtes, der im Übrigen dem Marktwert-/Verkehrswertbegriff des § 194 BauGB entspricht, ankomme. Ein innerlandwirtschaftlicher Verkehrswert dürfe nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Der in einem öffentlichen Ausbietungsverfahren ermittelte Kaufpreis stellt in der Regel auch den Marktwert eines Grundstückes dar. Lässt sich allerdings nachweisen, dass das Höchstgebot allein auf subjektiv spekulativen Erwägungen basiert und insofern nicht den Marktwert vergleichbarer Grundstücke widerspiegelt, kann auch ein im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung erzielter Kaufpreis im groben Missverhältnis zum tatsächlichen Verkehrswert des Grundstückes stehen.

Der BGH verwies den Rechtsstreit zur Ermittlung dieser Umstände an das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt zurück, das im Rahmen einer umfangreichen Beweisaufnahme zum einen den echten Verkehrswert des Grundstückes ermittelte und dann zu dem Ergebnis gelangte, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise das im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung abgegebene Höchstgebot allein spekulativen Charakter habe und insofern nicht den Marktwert im Sinne des Grundstückverkehrsgesetzes widerspiegelt.

Das OLG machte in diesem Urteil umfangreiche Ausführungen zur Ermittlung des Verkehrswertes durch das Vergleichswertverfahren und analysiert die vorangegangene Entscheidung des BGH und des EuGH. Es kommt am Ende dieses mittlerweile berühmt gewordenen Rechtsstreites zu dem Ergebnis, dass ausnahmsweise das im Rahmen einer Ausschreibung abgegebene Kaufangebot nicht den Marktwert widerspiegelt und insofern dem beabsichtigten Kaufvertrag die Grundstückverkehrsgenehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG zu versagen ist. Für die Antragsteller bedeutet dies nach einem nunmehr neun Jahre währenden Rechtsstreit, dass sie zwar in der Theorie mit ihren Argumenten durchgedrungen sind, die so durch den EuGH und den BGH aufgestellten neuen Rechtsgrundsätze allerdings für ihren Fall ausnahmsweise keine Anwendung finden sollen.