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Aktuelles

31.01.2019

Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Anteilsvereinigung

BFH, Urteil vom 23.05.2012 – II R 21/10

Der BFH hat bereits im Jahre 2012 seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, wonach die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG auf Anteilsvereinigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG nicht anzuwenden war. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass mit dem Anteilserwerb derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, grunderwerbsteuerlich so behandelt wird, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft, deren Anteile er hält, erworben. Der fingierte Erwerb der Gesellschaftsgrundstücke beruht nach der Rechtsprechung des BFH ebenso wie der Erwerb der Anteile auf einer Schenkung. Insofern bestimmt § 3 Nr. 2 GrEStG, dass Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG von der Besteuerung ausgenommen sind. Die Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft ist daher insoweit von der Grunderwerbsteuer befreit, als sie auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruht.

Zur Begründung wird der Gesetzeszweck von § 3 Nr. 2 GrEStG angeführt, der in der Vermeidung einer doppelten Belastung eines Lebensvorgangs mit Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer besteht. Der in § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG verwendete Begriff „Grundstücksschenkungen unter Lebenden“ dürfe daher nicht so zu verstanden werden, als erfasse die Vorschrift ausschließlich isolierte freigebige Zuwendungen von Grundstücken. Vielmehr sei auch der fiktive Grundstückserwerb durch eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG hierunter zu subsumieren.

Dieser Rechtsprechung hat sich die Finanzverwaltung im Jahre 2018 angeschlossen (Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautende Erlasse betr. Anwendung der §§ 3 und 6 GrEStG in den Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG vom 19. September 2018, BStBl. I S. 1069).

Von der Grunderwerbsteuer befreit sind demnach sämtliche schenkweisen Anteilsübertragungen, die zu der Anteilsvereinigung von mindestens 95 % geführt haben, also auch die vorhergehenden Anteilserwerbe desjenigen, in dessen Hand sich die Anteile schließlich vereinigt haben. In Anbetracht des Gesetzeszwecks sei Voraussetzung für die Befreiung von der Grundsteuer bei einem solchen zeitlich gestreckten Anteilserwerb, dass das Grundstück zum damaligen Erwerbszeitpunkt der Gesellschaft zuzurechnen war, weil eine Doppelbesteuerung ansonsten von vornherein nicht in Betracht komme.

Da lediglich Anteilsübertragungen, die freigebig erfolgt sind, § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG unterfallen, ist bei sogenannten teilentgeltlichen Anteilsübertragungen zwischen dem unentgeltlichen und dem entgeltlichen Part zu differenzieren. Der unentgeltliche Teil ist dabei von der Grunderwerbsteuer befreit, wohingegen der entgeltliche Teil grunderwerbsteuerpflichtig ist.

Diese Differenzierung hat Auswirkungen auf Anteilsübertragungen, die gegen Gewährung von Versorgungleistungen erfolgen, da eine Unentgeltlichkeit insbesondere gegeben ist, soweit der Erwerb nicht rechtlich von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung abhängig ist, die sowohl nach Art eines gegenseitigen Vertrages als auch durch Setzen einer Auflage oder Bedingung begründet sein kann, ErbStR R E 7.1 Abs. 2 S. 3.

Wird eine Schenkung im Wege vorweggenommener Erbfolge gegen Gewährung von Versorgungsleistungen vorgenommen, so handelt es sich um eine freigebige Zuwendung gegen Auflage, sodass der kapitalisierte Wert eines Baraltenteils oder anderer Versorgungsleistungen bei der Ermittlung der Grunderwerbsteuer als entgeltlicher Teil der Schenkung zu berücksichtigen und damit der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen ist (vgl. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautende Erlasse betr. Anwendung der §§ 3 und 6 GrEStG in den Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG vom 19. September 2018, BStBl. I S. 1069).

Im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuerbefreiung von Anteilsvereinigungen, die auf einer freigebigen Anteilsübertragung beruhen, ergeben sich zahlreiche weitere Aspekte, die es zu beachten gilt. So sind bei einem zeitlich gestreckten Anteilserwerb etwa zwischenzeitliche Werterhöhungen der Grundstücke zu berücksichtigen. Dabei ist für Zwecke der Grunderwerbsteuer jedes Grundstück der Gesellschaft gesondert zu überprüfen. Es ergeben sich ferner bewertungsrechtliche Fragestellungen.

Ob eine Anteilsübertragung respektive -vereinigung von der Grunderwerbsteuer befreit ist und ob diese Befreiung den gesamten Vorgang oder nur Teile hiervon erfasst, muss daher auch weiterhin einer Einzelfallprüfung vorbehalten bleiben.