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Aktuelles

19.04.2024

Bewertung von Grundstücken mit Windkraftanlagen oder FPVA-Anlagen

Bewertung von Grundstücken mit Windkraftanlagen (WEA) oder FPVA-Anlagen (FPVA) zur Bestimmung des Bodenwertes gem. 179 BewG (Erbschaftssteuer)

Die Bewertung von Grundstücken, die mit WEA oder FPVA bebaut sind, zum Zwecke der Ermittlung des Nachlasswertes für die Berechnung der Erbschafts-/Schenkungssteuer war bisher durch die Finanzverwaltung nicht einheitlich geregelt.

Mit Aufstellung eines Bebauungsplans, und sofern ein solcher nicht benötigt wird, mit Bebauung mit einer WEA oder FPVA scheiden die Grundstücke nach der Auffassung der Finanzverwaltung erbschaftssteuerrechtlich aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen aus und werden – nicht mehr zum erbschaftssteuerrechtlich verschonungswürdigen Betriebsvermögen zählendes - Grundvermögen.

Grundsätzlich gilt es, den tatsächlichen Wert des Nachlass- oder Schenkungsgegenstandes, hier der Grundstücke zu ermitteln. Für Grundstücke werden dazu in der Regel verfügbare Bodenrichtwerte oder andere pauschalierte Werte herangezogen. In den seltensten Fällen führen die für die Bodenrichtwerte zuständigen Gutachterausschüsse der Landkreise aber Bodenrichtwerte für WEA/FPVA-Grundstücke.

Daher wurde in der Vergangenheit für die Werteermittlung von WEA oder FPVA-Grundstücken empfohlen, den um 50% ermäßigte Bodenrichtwert für ein Gewerbegebiet der (nächstliegenden) Gemeinde bzw. Stadt anzusetzen.[1]

Führte diese Bewertung bei WEA-Standorten zu akzeptablen und durchaus günstigen Ergebnissen, wurde der tatsächliche Wert eines PVA-Grundstücks damit in keiner Weise abgebildet und deutlich überhöht. Daher wurde das Thema Erbschaftssteuerbelastung bei FPVA zu einem wesentlichen Verhandlungspunkt bei Ausgestaltung der Nutzungsverträge über die Grundstücke, auf denen FPVA errichtet und betrieben werden sollen.[2]

Die obersten Finanzbehörden der Länder haben nun am 06.03.2024 einen gleichlautenden Erlass zur Frage der Bewertung von mit Windkraftanlagen oder Freiflächenphotovoltaikanlagen bebauten Grundstücken zur Ermittlung des Bodenwertes zur Berechnung des Erbschaftssteuerwertes erlassen.[3] Danach gilt Folgendes:
 

1.  Flächen, auf denen eine WEA oder eine FPVA errichtet und betrieben wird, sind grundsätzlich dem
     Grundvermögen zuzurechnen. WEA und FPVA werden regelmäßig als Betriebsvorrichtung gem. § 1765 Abs. 2
     Satz 1 Nr. 2 Bewertungsgesetz nicht in das Grundvermögen miteinbezogen.

 

2.  Für die Wertermittlung ist nunmehr von Folgendem auszugehen:

 

  • Wurde für das betreffende Grundstück, auf dem eine WEA oder eine FPVA betrieben wird, durch den örtlich zuständigen Gutachterausschuss ein Bodenrichtwert für eine entsprechende Nutzung, wie z. B. für Bauflächen Windenergieerzeugung (EE), festgestellt, ist dieser Wert für die Bewertung anzusetzen.

 

  • Ist ein derartiger Bodenrichtwert nicht verfügbar, was in einer Vielzahl der Fälle die Regel sein dürfte, gilt Folgendes:

 

  • Können aus dem „Bereich“ der Gutachterausschüsse der jeweiligen Länder anderweitige geeignete Daten, die z. B. Faktoren zum Bodenrichtwert für Ackerlandflächen, zur Bodenwertermittlung von Grundstücken mit WEA oder FPVA zur Verfügung gestellt, sind diese anzuwenden.

 

  • Werden durch den zuständigen Gutachterausschluss entsprechend genutzte Grundstücke keine nutzungsentsprechenden Bodenrichtwerte mitgeteilt und liegen keine anderweitigen geeigneten Daten vor, so gilt Folgendes:

 

Für Anlagen im Außenbereich wird die Ableitung des Bodenwertes durch die Ertragswertmethode auf Basis der jährlichen Erträge ermittelt. Durch Umrechnung eines laufenden Ertrages oder einer regelmäßigen Geldleistung auf den gegenwärtigen Kapitalwert, d. h. Kapitalisierung von in Zukunft liegenden Erträgen auf den Bewertungsstichtag, wird die Ertragslage des Grund und Bodens abgebildet.

Der Wert des Grund und Bodens wird danach durch die Bildung der Summe aus dem kapitalisierten jährlichen Nutzungsentgelt und des abgezinsten Bodenwertes für Ackerflächen, Forstflächen oder Ähnliches ermittelt.

Die Kapitalisierung des jährlichen Ertrages und der Abzinsung des Bodenwertes für die jeweils selbe Restlaufzeit ist ein typisierter Zinssatz in Höhe von 6 % zugrunde zu legen. Die Kapitalisierungsfaktoren bzw. Abzinsungsfaktoren sind jeweils aus der Anlage 21 bzw. 26 BewG zu entnehmen.

Als Nutzungsentgelt ist grundsätzlich das tatsächlich vereinbarte jährliche Entgelt für die Verpachtung der Fläche anzusetzen.

Wurde die Anlage nicht auf einer verpachteten, sondern auf einer Eigentumsfläche des Betreibers errichtet, ist von einem fiktiven Nutzungsentgelt auszugehen, dass sich an den Regionalmarkt üblichen Nutzungsentgelten bzw. Pachterträgen für vergleichbare Nutzungen orientiert.

Etwas Anderes soll bei Anlagen in Gewerbe- oder Industriegebieten gelten. In diesen Fällen soll die Bewertung auf Grundlage des vorliegenden Bodenrichtwertes für entsprechende Flächen ermittelt werden.

Die Differenzierung in Anlagen im Außenbereich und Anlagen im Industrie- und Gewerbegebieten könnte Auslegungsschwierigkeiten mit sich bringen. Werden Windenergieanlagen regelmäßig im Außenbereich errichtet, gilt dies für FPVA-Anlagen nicht. Die Masse der FPVA-Anlagen wird auf Grundlage eines Vorhaben bezogenen B-Plans errichtet (Bezeichnung in der Regel: „Sondergebiet Energieerzeugung“). Sie liegen somit formal nicht mehr im Außenbereich. Auf der anderen Seite wird davon ausgegangen, dass mit dem Begriff „Anlagen im Gewerbe- und Industriegebieten“ die Errichtung von FVPA-Anlagen bereits in bestehenden entsprechenden Gebieten gemeint sein soll. Insofern liegt es nahe, auch für FPVA, die auf Grundlage eines solchen B-Plans errichtet werden, die Bewertung für Anlagen im Außenbereich heranzuziehen. Ob es hier noch zu einer abschließenden Klärung kommt, bleibt abzuwarten.

 

3.  Fazit

Der Erlass führt in den Fällen, in denen Bodenrichtwerte für FPVA oder WEA-Flächen nicht ausgewiesen sind, zu einer neuen Bewertung. Grundsätzlich erscheint das Ertragswertverfahren auch zu einer angemessenen und nachvollziehbaren Ertragswertberechnung des Verkehrswertes zu führen. Die Finanzverwaltung übersieht aber, dass der Käufer eines mit z.B. einer WEA bebautem Grundstück nicht den gesamten Pachtwert an der Verkäufer zahlen, sondern in der Praxis eigentlich immer zusätzlich ein Risikoabschlag vereinbart wird, denn auch Pachten können natürlich ausfallen.  Der reine kapitalisierte Ertragswert, wäre also zu Ermittlung des richtigen Verkehrswerte um diesen Risikoabschlag zu mindern.

Für mit FPVA bebaute Grundstücke reduziert diese Bewertung die bisherigen Risiken einer Vermögensübertragung, sei es durch Schenkung oder Erbfall in erbschaftssteuerrechtlicher Hinsicht erheblich. Zwar bleiben die erbschaftssteuerrechtlichen Belastungen nach wie vor grundsätzlich gegeben, allerdings reduziert sich der Umfang.

Anderes gilt für mit WEA bebauten Grundstücken. Die am Ertrag ausgerichtete Bewertung führt zu deutlich höheren Wertansätzen zur Ermittlung der Erbschaftssteuer. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen. Angenommen das Nutzungsentgelt beläuft sich auf 100.000,00 €/WEA p.a. und Gegenstand der Vermietung seien drei WEA. Die Restlaufzeit des Nutzungsvertrages beträgt noch 13 Jahre. Der Abzinsungsfaktor beträgt wie oben ausgeführt 6 %. Der Bereicherungswert der Grundstücke beträgt in diesem Fall 2.655.804,89 € (zuzüglich des nachgenutzten Wertes des Grundstückes – zu vernachlässigen). Ist Erbe oder Erbin ein über 27 Jahre altes Kind, beträgt die Erbschaftssteuer bei Einsatz des vollen Freibetrages 426.645,00 €.

Diese Steuerlast hat zudem den erheblichen Nachteil, dass sie sich über noch nicht zugeflossene, zukünftige Erträge berechnet. Im Falle des Anfalls von Erbschafts- oder Schenkungssteuer fehlt es daher im Zweifel an der notwendigen Liquidität zur Begleichung derselben.

War es bei FPVA schon jetzt durchaus üblich, Beteiligungen der Grundstückseigentümer an den Betreibergesellschaften zu verhandeln und zu vereinbaren, die bei richtiger Gestaltung neben den ökonomischen Vorteilen auch zur Bildung von erbschaftssteuerrechtlich verschonungswürdigen (Sonder-)Betriebsvermögen führen, wird die ökonomische Beteiligung von Grundstückseigentümern im Bereich WEA in der Regel durch den Erwerb von einzelnen WEA durch den Eigentümer umgesetzt. Dies wird sich in der Zukunft wohl ändern müssen, da die Eigentümer gut beraten sind, Beteiligungen an den Betreibergesellschaften insgesamt zu vereinbaren. Auch sollte bei bereits abgeschlossenen Verträgen versucht werden, eine entsprechende Beteiligung nachzuverhandeln.

 


[1] vgl. z.B. Halaczinsky, in: Rössler/Troll, § 68 BewG Rn. 30

[2] vgl. Agrarbetrieb, 2023 S. 215 ff.

[3] vgl. für Thüringen: Thüringer Finanzministerium, 06.03.2024, 1040-22-S 3015/180, FMNR202400447

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