Der BFH hat grundsätzlich geklärt, dass unentgeltliche Wärmelieferungen von einer Biogasanlage als unentgeltliche Wertabgaben im Sinne des § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG einzustufen sind (BFH-Urteil vom 25.11.2021 - V R 45/20, Rn. 18). Die Bemessungsgrundlage für die Wertabgabe berechne sich hierbei nach den Selbstkosten. Anders als
das BMF, das eine energetische Aufteilungsmethode der Selbstkosten vorsieht (Abschn. 2.5 Abs. 22 Satz 6 UStAE) legt der BFH dabei als Berechnungsmethode die tatsächlichen oder fiktiven Umsätze (Marktwerte) zugrunde. In dem anhängigen Revisionsverfahren wirft der BFH nun zusätzlich auch die Frage nach der Bemessungsgrundlage und der dafür zu verwendenden Ermittlungsmethode auf und legt diese Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Dem Verfahren liegt folgender stark verkürzter Sachverhalt zugrunde:
Der durch die Biogasanlage der Klägerin erzeugte Strom wird überwiegend ins Netz eingespeist und vom Netzbetreiber vergütet. Überschüssige Wärme lieferte die Klägerin unentgeltlich u.a. an eine GbR zur Beheizung ihrer Spargelfelder. Im Streitjahr 2008 zahlte der Stromnetzbetreiber an die Klägerin für ihre Stromlieferung neben der Mindestvergütung nach § 8 Abs. 1 EEG einen Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 3 EEG (sog. KWK-Bonus). Das Finanzamt hat auch diesen Bonus entsprechend der Umsatzsteuererklärung der Klägerin in die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze einbezogen.
Das Finanzamt ging davon aus, dass es sich bei der Wärmeabgabe um eine unentgeltliche Zuwendung i. S. d. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG handelt. Die Bemessungsgrundlage hierfür ermittelte es nach den Selbstkosten der Klägerin (§ 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG).
Im ersten Rechtsgang hatte das FG der Klage voll stattgegeben. Wegen des Zusammenhangs mit dem KWK-Bonus stufte es die Wärmeabgabe als entgeltliche Leistung von Dritter Seite ein (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG). Der BFH hob das Urteil auf und wies die Sache insbesondere zur Ermittlung der Höhe der unentgeltlichen Wertabgabe an das FG zurück. Das FG gab der Klage im zweiten Rechtsgang teilweise statt. Es reduzierte die festgesetzte Umsatzsteuer. Für die Bemessung der maßgeblichen Selbstkosten stellte es auf die Marktwerte für Strom und Wärme am konkreten Ort ab.
Der BFH setzt auf die Revision des Finanzamtes das Verfahren nunmehr aus und legt dem EuGH insgesamt drei Fragen zur Vorabentscheidung vor:
Nun wird verbindlich auf europäischer Ebene zu entscheiden sein, ob und unter welchen Voraussetzungen eine unentgeltliche Wärmeabgabe an einen anderen Steuerpflichtigen als „unentgeltliche Zuwendung“ im Sinne des Art. 16 MwStSystRL anzusehen ist. Zudem hat der EuGH Fragen zur Berechnung der Selbstkosten zu beantworten, die die Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt hat und die in der Literatur kontrovers diskutiert werden. Das betrifft neben der Frage, ob nur vorsteuerbelastete Aufwendungen bei der Berechnung der Selbstkosten berücksichtigt werden dürfen, auch die Frage, ob nur die unmittelbaren Kosten für die Herstellung und Erzeugung der Wärme oder auch sonstige mittelbare Kosten wie Finanzierungsaufwendungen bei der Berechnung zu berücksichtigen sind. Laufende Umsatzsteuerverfahren zu dieser Thematik sollten offengehalten werden.