Mit der Nutzung dieser Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Für die Nutzung des vollen Funktionsumfanges der Webseite, bestätigen Sie bitte auch die Verwendung von Third-Party-Cookies. Mehr Informationen in unserer Datenschutzerklärung
Ok

Aktuelles

02.06.2021

Doppelbesteuerung der Rente

In zahlreichen Verfahren vor den Finanzgerichten wird eine Übergangsregelung des deutschen Gesetzgebers als verfassungswidrig deklariert, die grundsätzlich eine Doppelbesteuerung der Rente verhindern soll.

In zwei gerade veröffentlichten Urteilen vom 19.05.2021 (X R 33/19 – und – X R 20/19) legt der Bundesfinanzhof (BFH) u.a. eine konkrete Berechnungsformel für die Ermittlung einer zu vermeidenden Doppelbesteuerung fest, die etwaigen betroffenen Steuerpflichtigen auch bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittelverfahrens bzw. eines finanzgerichtlichen Verfahrens helfen können. Insbesondere macht der BFH deutlich, dass einzelfallbezogene Vergleichs- und Prognoserechnungen erforderlich sind, denn die Grundsystematik der gesetzlichen Übergangsregelung sei verfassungsgemäß. Es seien aber Einzelfälle denkbar, bei
denen eine Doppelbesteuerung auftreten könne, wodurch ihnen ein Anspruch auf eine Milderung des Steuerzugriffes in der Rentenbezugsphase zustehe.

Hintergrund ist, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 06.03.2002 – 2 BvL 17/22 – Rentenbezüge seit dem Jahr 2005 der Einkommensteuer unterliegen. Im Gegenzug dürfen Steuerpflichtige in der Erwerbsphase Altersvorsorgeaufwendungen, wie beispielsweise Rentenversicherungsbeiträge, als Sonderausgaben in der Einkommensteuererklärung geltend machen, wodurch sich die Steuerbelastung vermindert. Damit soll eine Doppelbesteuerung der Renten vermieden werden, indem Rentenbeiträge aus unversteuertem Einkommen geleistet werden.

Der Gesetzgeber hat eine Übergangsregelung für den Systemwechsel zur nachgelagerten Besteuerung geschaffen. Bei Eintritt in den Rentenbezug bis einschließlich 2005 bleiben 50 % der Rente steuerfrei. Dafür dürfen lediglich 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen in der Einkommensteuererklärung abgezogen werden. Der den Freibetrag der Rente maßgebende Prozentsatz vermindert sich, je später der Rentenbezug eines Steuerpflichtigen beginnt, sodass Rentner bei einem erstmaligen Rentenbezug im Jahr 2040 die vollständige Rente der Einkommensteuer unterwerfen müssen. Altersvorsorgeaufwendungen sind dafür ab dem Jahre 2025 vollständig abziehbar.

Der BFH hat nunmehr (Az. X R 33/19) den Fall eines Steuerpflichtigen aus dem Jahre 2008 entschieden, der seine Rentenversicherungsbeiträge nur teilweise in der Einkommensteuererklärung abziehen konnte. Die gesetzliche Übergangsregelung wurde durch das Finanzamt entsprechend der Vorschrift angewendet. Der Steuerpflichtige macht geltend, dass eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung seiner Rente vorliegen würde, da er rechnerisch mehr als den zu diesem Zeitpunkt abziehbaren Prozentsatz seiner Rentenversicherungsbeiträge aus dem bereits versteuerten Einkommen an den Fiskus geleistet habe. Der BFH hat der Klage nicht stattgegeben. Begründend führt der Senat aus, dass die gesetzlichen Übergangsregelungen im Grundsatz verfassungskonform seien. Der BFH weist allerdings auch
darauf hin, dass eine Doppelbesteuerung der Rente vermieden werden müsse. Dies würde erreicht, wenn die Summe der steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch sei wie die Summe der aus dem bereits versteuerten Einkommen aufgebrachten Rentenversicherungsbeiträgen. Dies sei vorliegend nicht gegeben. Für die Berechnung dieser abstrakten Darstellung legt der BFH in der Entscheidung konkrete Parameter fest.

In der zweiten Entscheidung (Az. X R 20/19) hat der BFH weitere offene Fragen hinsichtlich der Beurteilung der Doppelbesteuerung von Renten geklärt, so beispielsweise, dass Leistungen aus einer freiwilligen Höherversicherung zur gesetzlichen Altersrente als Teil der Rente einheitlich mit den regulären Rentenbezügen zu versteuern sind. Begründend führt der BFH an, dass unerheblich sei, dass diese Leistungen sozialversicherungsrechtlich zu einer überdurchschnittlichen Versorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung führen und ausschließlich aus eigenen Beiträgen des Versicherten erbracht worden seien. Zudem wurde u.a. entscheiden, dass Renten aus privaten Kapitalanlageprodukten außerhalb der Basisversorgung keine Doppelbesteuerung hervorrufen könnten, da für diese Renten die Ertragsanteilsbesteuerung gelte.

Fazit

Die Prüfung zum etwaigen Vorliegen einer Doppelbesteuerung sollte einzelfallbezogen anhand der nunmehr durch den BFH veröffentlichen Parameter erfolgen.
Eine Doppelbesteuerung könnte beispielsweise bei früheren Selbstständigen vorliegen, wegen des fehlenden steuerfreien Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Rentenversicherung. Außerdem ist eine Doppelbesteuerung denkbar bei künftigen Rentnern, da die Verringerung des steuerfreien Rentenbezuges nicht im tatsächlichen Verhältnis zur Ansatzhöhe der Rentenbeiträge steht, die erst ab dem Jahr 2025 vollständig in der Einkommensteuererklärung als Sonderausgaben zum Abzug gebracht werden können.