Mit der Nutzung dieser Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Für die Nutzung des vollen Funktionsumfanges der Webseite, bestätigen Sie bitte auch die Verwendung von Third-Party-Cookies. Mehr Informationen in unserer Datenschutzerklärung
Ok

Aktuelles

07.04.2020

Eingeschränkte Abfärbewirkung bei Beteiligungseinkünften einer Personengesellschaft

BFH, Urt. v. 06.06.2019 – IV R 30/16

 

Als Gewerbebetrieb in vollem Umfang gilt nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch Einkünfte aus einer originär gewerblichen Tätigkeit § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG) oder aus der Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft erzielt (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG).

 

Das führte bisher dazu, dass gewerbliche Einkünfte einer sonst vermögensverwaltenden, freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Personengesellschaft dergestalt auf die nicht gewerblichen Einkünfte abgefärbt haben, dass diese insgesamt gewerblich wurden und der Gewerbesteuer unterlagen.

 

Dabei nehmen die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung für originär durch die Personengesellschaft erzielte gewerbliche Einkünfte (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG) (in unterschiedlichem Ausmaß) Bagatellgrenzen an, bis zu deren Erreichen gewerbliche Einkünfte erzielt werden können, ohne dass es zu einer Abfärbung kommt; gesetzlich verankert sind diese Ausnahmen hingegen nicht. Für gewerbliche Beteiligungseinkünfte im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG hat der 4. Senat des BFH in seinem aktuellen Urteil vom 06.06.2019 – IV R 30/16 hingegen entschieden, dass diese in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht unabhängig von ihrem Umfang immer zur Umqualifizierung nicht gewerblicher Einkünfte in gewerbliche Einkünfte führen.

 

Aus Gründen der Gleichbehandlung von Einzelunternehmen und Personengesellschaften sei Art. 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG im Hinblick auf die Gewerbesteuer jedoch nur unter der Annahme verfassungsgemäß, dass die infolge der Abfärbung umqualifizierten Einkünfte nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass gewerbliche Beteiligungseinkünfte zwar einkommensteuerrechtlich dazu führen, dass die nichtgewerblichen Einkünfte der Personengesellschaft insgesamt gewerblich werden; diese unterliegen jedoch nicht der Gewerbesteuer.

 

Durch das Urteil ergeben sich künftig neue Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Beteiligung land- und forstwirtschaftlicher Personengesellschaften an gewerblichen Gesellschaften. So wäre die Beteiligung an Biogas-, Windenergie- oder Photovoltaikanlagen betreibenden Gesellschaften zukünftig nicht mehr mit dem Risiko verbunden, dass die infolge der Abfärbewirkung umqualifizierten land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte der Gewerbesteuer unterliegen.

 

Da jedoch auch die einkommensteuerrechtliche Qualifizierung der nicht gewerblichen Einkünfte in gewerbliche Einkünfte negative Auswirkungen haben kann (z. B. im Hinblick auf die Gewährung der Agrardieselbeihilfe, vgl. § 57 b Abs. 2 Nr. 1a) EnergieStG), empfiehlt es sich stets, das Gesamtkonzept bei der gewünschten Gestaltung (steuer‑)rechtlich überprüfen zu lassen.