Der BGH hat sich in einem Urteil vom 12.04.2024 mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit die Planung der Errichtung einer Freiflächen-Photovoltaikanlage bei der Versagung der grundstücksverkehrsrechtlichen Genehmigung wegen eines groben Missverhältnisses zwischen Marktwert und Kaufpreis zu berücksichtigen ist. Im Folgenden soll das Urteil des BGH in kurzer Form widergegeben werden.
I. Sachverhalt
Am 3. Dezember 2020 verkaufte die Beteiligte zu 2) ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück in Hessen an die Beteiligte zu 1). Das Grundstück hat eine Größe von 45.004 m² und ist im Flächennutzungsplan als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen. Die Beteiligte zu 1) beabsichtigte, auf diesem Grundstück eine Freiflächen-Photovoltaikanlage zu errichten.
Die Genehmigungsbehörde versagte am 5. März 2021 die Genehmigung des Kaufvertrags nach dem Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG). Das Amtsgericht (Landwirtschaftsgericht) und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main wiesen sowohl den Antrag der Beteiligten zu 1) auf gerichtliche Entscheidung als auch ihre Beschwerde zurück. Daraufhin legte die Beteiligte zu 1) Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) ein.
Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gab es keinen Aufstellungsbeschluss für eine Planänderung, die eine Nutzung des Grundstücks als Standort für eine Freiflächen-Photovoltaikanlage ermöglicht hätte. Der Regionalplan Mittelhessen sah das Grundstück nicht als Standort für Freiflächen-Photovoltaikanlagen vor.
II. Rechtliche Würdigung
1. Grobes Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Marktwert (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG)
Der BGH stellte fest, dass ein grobes Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem Marktwert des Grundstücks vorliegt. Nach den Berechnungen der Genehmigungsbehörde betrug der Marktwert etwa 45.004,00 €, was einem Quadratmeterpreis von 1,00 € entspricht. Der vereinbarte Kaufpreis lag jedoch bei 119,000,00 €, was den Marktwert um mehr als 50 % übersteigt. Ein solches Missverhältnis rechtfertigt die Verweigerung der Genehmigung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG, um spekulativen Preistreibereien im Grundstücksverkehr entgegenzuwirken.
2. Ausschluss der Genehmigungsversagung bei nicht-landwirtschaftlicher Nutzung (§ 9 Abs. 4 GrdstVG)
Nach § 9 Abs. 4 GrdstVG darf die Genehmigung wegen eines groben Missverhältnisses zwischen Kaufpreis und Marktwert jedoch nicht verweigert werden, wenn das Grundstück für nicht-landwirtschaftliche Zwecke veräußert wird. Dieser Ausschluss setzt jedoch voraus, dass der Erwerber imstande ist, das außerlandwirtschaftliche Vorhaben auch durchzuführen. Es muss also objektiv feststehen, dass das Grundstück nicht mehr für landwirtschaftliche Zwecke verwendet wird. Dazu gehört, dass der nicht-landwirtschaftliche Zweck nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften gegenwärtig oder wenigstens in Kürze zulässig ist. Die Absicht der Beteiligten zu 1), eine Freiflächen-Photovoltaikanlage zu errichten, reicht nicht aus, um eine nicht-landwirtschaftliche Nutzung nachzuweisen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war das Grundstück weiterhin als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen und es gab keine konkreten Planungsmaßnahmen oder öffentlichen Beschlüsse, die eine zeitnahe Nutzung des Grundstücks zur Errichtung einer Freiflächen-Photovoltaikanlage ermöglicht hätten. Mithin greift der Ausschluss des § 9 Abs. 4 GrdstVG vorliegend nicht.
3. Berücksichtigung volkswirtschaftlicher Belange (§ 9 Abs. 6 GrdstVG)
Allgemeinen volkswirtschaftlichen Belangen muss gem. § 9 Abs. 6 GrdstVG bei der Entscheidung über den Genehmigungsantrag Rechnung getragen werden. Die Errichtung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen ist ein solches wichtiges und damit zu berücksichtigendes volkswirtschaftliches Interesse. Diese allgemeinen volkswirtschaftlichen Belange können jedoch nur dann entscheidend sein, wenn das Vorhaben auch öffentlich-rechtlich zulässig ist. Die Anlage muss also nach den einschlägigen Vorschriften auch errichtet werden dürfen. Dazu bedarf es einer Prognose über die Erteilung der Anlagegenehmigung.
Eine positive Prognose über die Genehmigung der Anlage war im vorliegenden Fall nicht möglich, da der Flächennutzungsplan und der Regionalplan Mittelhessen das Grundstück nicht als Photovoltaik-Standort vorsahen und keine konkreten Schritte für eine Umwidmung unternommen wurden. Das geplante FPVA-Vorhaben war somit nicht nach § 9 Abs. 6 GrdstVG zu berücksichtigen, da die rechtlichen Voraussetzungen für die Umsetzung des Vorhabens fehlten.
III. Fazit
Der BGH bestätigte die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main und wies die Rechtsbeschwerde zurück. Das Gericht stellte fest, dass der Kaufpreis des Grundstücks in einem groben Missverhältnis zum Marktwert stand. Der Ausschlussgrund des § 9 Abs. 4 GrdstVG lag nicht vor und die geplante Errichtung der Freiflächen-Photovoltaikanlage konnte auch nicht im Rahmen des § 9 Abs. 6 GrdstVG als wichtiges volkswirtschaftliches Interesse berücksichtigt werden. Das Grundstück war weiterhin als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen und eine zeitnahe Nutzung des Grundstückes zur Errichtung einer Freiflächen-Photovoltaikanlage war nicht absehbar, da die rechtlichen Voraussetzungen für die Umsetzung des Vorhabens nicht gegeben waren. Die Versagung der Genehmigung war folglich rechtmäßig.