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Aktuelles

02.04.2019

Ermittlung der Anschaffungskosten für Anteile an Gesellschaften, die aus einer LPG-Umwandlung hervorgegangen sind

Finanzgericht Thüringen, Urteil v. 22.11.2017 - 4 K 791/16

Das Finanzgericht Thüringen hat am 22.11.2017 ein Urteil erlassen (Az. 4 K 791/16), das aus steuerrechtlicher Sicht bei dem Verkauf eines Unternehmens, welches aus einer LPG-Umwandlung hervorgegangenen ist, zu beachten ist.

In seinem Urteil setzt sich das Finanzgericht Thüringen insbesondere mit der Frage auseinander, mit welchem Anschaffungswert die aus einer LPG-Umwandlung resultierenden Genossenschaftsanteile an einer Agrargenossenschaft bei deren Kündigung anzusetzen sind. Die Anschaffungskosten mindern den zu versteuernden Gewinn. Dieser setzt sich zusammen aus dem Veräußerungserlös abzgl. der Anschaffungskosten und etwaiger Veräußerungskosten.

1. Ermittlung der Anschaffungskosten

Im Ergebnis gelangt das Finanzgericht Thüringen zu dem Schluss, dass bei einer Kündigung von „Altanteilen“ an der eingetragenen Genossenschaft im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs. 2 S. 1 EStG (Veräußerungserlös abzgl. Anschaffungskosten) für die in Abzug zu bringenden Anschaffungskosten nicht auf den Nominalwert der Genossenschaftsanteile, sondern gem. § 11 Abs. 1 DMBilG (sog. Equity-Methode) auf den Ertrag abzustellen ist, der dem ausgewiesenen anteiligen Eigenkapital (Wert der Beteiligung) in der Eröffnungsbilanz der früheren LPG entspricht. Die nach der Equity-Methode ermittelten Anschaffungskosten fallen dabei regelmäßig höher aus, als die nach dem Nominalwert der Beteiligung bemessenen Anschaffungskosten.

Die Equity-Methode ist jedoch nur hinsichtlich solcher Beteiligungen anzuwenden, deren Erwerb einen im Zusammenhang mit der Umwandlung einer LPG in eine andere Rechtsform stehenden Vorgang darstellt, was nur dann der Fall ist, wenn er bis zur gesetzlich vorgesehenen Eintragung in das Genossenschaftsregister im Rahmen der Umwandlung vollzogen wurde.

Dabei beschränkt sich die Anwendung der Equity-Methode nicht auf nur einen „Pflichtanteil“, sondern erstreckt sich auch auf weitere Anteile, die im Kontext der Umwandlung ausgereicht wurden („Altanteile“).

Für die nach der Eintragung in das Genossenschaftsregister erworbenen Anteile ist das DMBilG hingegen nicht anwendbar, sodass bei der Ermittlung der Anschaffungskosten nach allgemeinen Bewertungskriterien der Nominalwert anzusetzen ist.

2. Selbstständigkeit der Anteile

Da die einzelnen Genossenschaftsanteile selbstständig sind, kann der Gesellschafter bei einer Kündigung der Anteile auch eine Entscheidung dahingehend treffen, ob er einen „Altanteil“ oder einen nach erfolgter Umwandlung erworbenen Anteil aufkündigen will. Diese Entscheidung muss hinreichend dokumentiert und nachvollziehbar sein.

Je nachdem, für welche Anteile sich der Gesellschafter entscheidet, wird die Ermittlung der Anschaffungskosten entweder nach allgemeinen Bewertungskriterien (dann: Nominalwert) oder nach der Equity-Methode (dann: Wert des anteiligen Eigenkapitals an der LPG) vorzunehmen sein.

3. Parallele Anwendung der Billigkeitsregelung des BMF im Schreiben vom 20.12.2010

Im Zusammenhang mit der Veräußerung von Beteiligungen an Genossenschaften ist ferner auf die Billigkeitsregelung im BMF-Schreiben vom 20.12.2010 – IV C 6 – S 2244/10/10001 hinzuweisen. Aus dem BMF-Schreiben geht hervor, dass Wertsteigerungen der Beteiligung, die bis zum 31.03.1999 eingetreten sind, unter Vertrauensgesichtspunkten nicht der Besteuerung unterworfen werden dürfen, was im Ergebnis zu einer linearen Anhebung der Anschaffungskosten führt.

§ 17 Abs. 7 EStG, wonach als Anteile im Sinne des § 17 Abs. 1 S. 1 EStG auch Anteile an einer Genossenschaft gelten, wurde erst mit den Änderungen durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) eingeführt. Die Änderungen des § 17 EStG sind durch das SEStEG ab 13.12.2006 in Kraft getreten sind.

Da auf Bund-Länder-Ebene entschieden wurde, dass die Grundsätze des o.g. BMF-Schreibens sinngemäß auf die Veräußerung von Genossenschaftsanteilen nach § 17 Abs. 7 EStG i. d. F. des SEStEG anzuwenden sind, sollen Wertsteigerungen bei Beteiligungen an Genossenschaften, die vor dem 12.12.2006 eingetreten sind, nicht der Besteuerung unterworfen werden (OFD Magdeburg 26.9.2013 S 2244-78-St 214).

Vor dem Hintergrund, dass die Anwendung der Equity-Methode die Frage betrifft, welche Anschaffungskosten für sog. Altanteile anzusetzen sind, sich die Billigkeitsregelung nach dem BMF-Schreiben vom 20.12.2010 in Verbindung mit den Ausführungen der OFD Magdeburg hingegen auf eingetretene Wertsteigerungen bezieht, dürften beide Regelungen parallel anwendbar sein.

4. Empfehlung und abschließender Hinweis

Die Frage, ob die Equity-Methode im Einzelfall zur Anwendung gelangt, ist – wie gesehen – von mehreren Faktoren abhängig. Zudem müsste jeweils gesondert geprüft werden, ob dieses Urteil auch auf andere Rechtsformen anwendbar ist. Es ist daher unerlässlich, im Einzelfall einen Steuerberater oder Fachanwalt für Steuerrecht zu Rate zu ziehen.

Zu beachten ist, dass das Urteil des Finanzgerichts Thüringen noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist.