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Aktuelles

15.09.2021

Errichtung einer Betriebsleiterwohnung im Außenbereich nur bei nachgewiesenem Wohnbedarf

VGH München, Beschluss vom 08.10.2020, 1 ZB 17.2319

Der Verwaltungsgerichtshof München (nachfolgend: VGH München) hat mit seinem Beschluss vom 08.10.2020 (1 ZB 17.2319) die bisherige allgemeine Rechtsprechung noch einmal bestätigt, dass Betriebsleiterwohnhäuser nur dann gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert und somit genehmigt werden können, wenn die vorhandenen Wohneinheiten für den landwirtschaftlichen Betrieb nicht ausreichend sind. Gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist im Außenbereich ein Vorhaben nämlich dann nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es einem forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt. Ferner darf ein solches Vorhaben gemäß § 35 Abs. 5 S. 1 BauGB nur in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise ausgeführt werden.

 

Zugrundeliegender Sachverhalt

Im zu entscheidenden Fall wollte der Landwirt ein Betriebsleiterwohnhaus im Außenbereich errichten. Das Vorhabengrundstück war u. a. von landwirtschaftlichen Flächen und von einem Grundstück, auf welchem sich zwei große landwirtschaftliche Hallen befinden, umschlossen. Ferner grenzt das Wohngebäude, das der Landwirt mit seiner Frau, seinen drei Kindern, seinen beiden Eltern und seiner Tante bewohnt, unmittelbar an das Vorhabengrundstück. Zur Verfügung steht dem Landwirt bereits ein Wohngebäude mit 160 m² Grundfläche. Das Wohngebäude besteht aus einem Erd-, einem weiteren Geschoss und einem Dachgeschoss.

 

Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes München

Das Verwaltungsgericht München hatte mit dem Urteil vom 13.07.2017, M 11 K 15.5811, entschieden, dass die beantragte Baugenehmigung nicht erteilt wird. Der VGH München hat dieses Urteil aufrechterhalten. Denn die Voraussetzungen von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB seien nicht erfüllt.

 

Keine dienende Funktion des Vorhabens

Das beantragte Betriebsleiterwohnhaus sei nicht dienlich i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Nach der Ansicht des VGH München könne zwar nicht verlangt werden, dass die Vorhaben immer für den Betrieb schlechthin unentbehrlich seien, die bloße Förderlichkeit des Vorhabens nach den Vorstellungen des Betriebsinhabers sei allerdings ebenfalls nicht ausreichend. Es komme entscheidend darauf an, ob ein vernünftiger Landwirt unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde. Laut des VGH München sei die Funktion des Tatbestandsmerkmales „Dienen“ missbräuchliche Vorhaben, also solche Vorhaben, die lediglich einen Privilegierungstatbestand vortäuschen, um den Außenbereich unzulässigerweise bebauen zu können, zu verhindern. Die wirkliche Funktion des Vorhabens sei entscheidend. Insoweit komme es maßgeblich auf die objektiven Gegebenheiten an. Ein objektiv-konkreter Bedarf besteht nicht, wenn auf der Hofstelle Wohnraum vorhanden ist, welcher die Wohnbedürfnisse der Familie (inklusive der Altenteilergeneration) erfüllt. Der Wohnbedarf des Landwirtes und seiner Familie sei mit dem vorliegenden Wohnhaus erfüllt.

 

Keine Zulässigkeit als sonstiges Vorhaben

Der VGH München entschied ferner, dass das Betriebsleiterwohnhaus auch nicht nach § 35 Abs. 2 BauGB zulässig errichtet werden kann, da die Errichtung des Betriebsleiterwohnhauses u. a. die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt (siehe § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 BauGB). Der entgegenstehende öffentliche Belang der Erweiterung einer Splittersiedlung setze nicht voraus, dass als Folge der Zulassung eines sonstigen Vorhabens ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. Nach der Ansicht des VGH München ist es bereits ausreichend, dass von dem Bauvorhaben eine nicht zu übersehende Vorbildwirkung ausgehen könnte und damit Gründe, welche weiteren Bauvorhaben entgegengehalten werden könnten, weniger überzeugend seien.

 

Fazit

Um die Errichtung eines Betriebsleiterwohnhauses im Außenbereich zu erreichen, muss der konkrete Bedarf genau aufgezeigt werden. Ein lediglich behaupteter Bedarf ohne Darlegung von substantiierten Gründen genügt den Anforderungen der Rechtsprechung nicht mehr. Gerne beraten wir Sie diesbezüglich und zu den damit einhergehenden Herausforderungen und Möglichkeiten.