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Aktuelles

07.01.2022

Geänderter Durchschnittssatz von 9,5 % für Pauschallandwirte

Unternehmer müssen für ihre Lieferungen und Dienstleistungen in der Regel Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Von der Umsatzsteuer auf die eigenen Umsätze können sie vorab die Umsatzsteuer abziehen, die ihnen andere Unternehmer als sogenannte Vorsteuer berechnen. Die Unternehmer sind daher verpflichtet, die Umsätze und Vorsteuer aufzuzeichnen und Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Jahreserklärungen abzugeben.

Nach den geltenden EU-Vorschriften können die Mitgliedstaaten eine MwSt-Pauschalregelung (Richtlinie 2006/112/EG des Rates) anwenden, wonach die Landwirte ihren Kunden einen Pauschalbetrag („Pauschalausgleich“) auf ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Dienstleistungen in Rechnung stellen können. Im Gegenzug können diese Landwirte keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Die Regelung ist für Landwirte gedacht, die bei der Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder der vereinfachten Regelung für kleine Unternehmen auf verwaltungstechnische Schwierigkeiten stoßen würden. Deutschland hatte die Pauschalregelung bisher standardmäßig auf alle Landwirte angewandt, das heißt auch auf Inhaber großer landwirtschaftlicher Betriebe, unabhängig davon, ob sie mit derartigen Schwierigkeiten konfrontiert waren oder nicht.

Durch die Sonderregelung in § 24 UStG werden die Landwirte von den Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten der anderen Unternehmer befreit. Als sogenannte Pauschallandwirte schlagen sie auf ihre Leistungen einen besonderen Steuersatz auf, den sogenannten Durchschnittssatz von bisher 10,7 %. Die eingenommene Steuer müssen die Pauschallandwirte nicht an das Finanzamt abführen. Der zusätzliche Erlös soll vielmehr pauschal die Vorsteuer ausgleichen, mit der sie finanziell belastet sind. Auch zahlreiche Landwirte mit Buchführung nutzten die Sonderregelung.

Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission im Februar 2020 Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Gewährung unzulässiger Beihilfen an Pauschallandwirte erhoben.

Sie rügt, dass die Regelung nach den EU-Vorschriften unzulässig sei und sie zu großen Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt führe, insbesondere zugunsten großer Landwirte, denen die normalen Umsatzsteuerregelungen keine Schwierigkeiten bereiten würden.

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 wurde dem Rechnung getragen. Danach darf die Umsatzsteuerpauschalierung zum 01.01.2022 nur noch von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in Anspruch genommen werden, deren Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr weniger als 600.000,00 Euro betragen hat. Dies gilt erstmal für Umsätze nach dem 31.12.2021. Änderungen des Durchschnittssatzes sah das Jahressteuergesetz noch nicht vor.

Dies ändert sich nun durch das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben im Umsatzsteuerrecht, dem der Bundesrat am 15.12.2021 zugestimmt hat. Das Gesetz sieht eine Absenkung des Pauschalsatzes von 10,7 % auf 9,5 % und eine jährliche Überprüfung (sog. Monitoring) vor, die weitere Anpassungen ermöglichen soll. Die Änderungen treten ebenfalls zum 01.01.2022 in Kraft. Damit soll die EU-Kommission zu einer Klagerücknahme bewegt und etwaigen Rückforderungen vorgebeugt werden.

Pauschallandwirte sind daher zum einen angehalten, anhand ihrer Umsätze des Vorjahres zu überprüfen, ob sie noch unter den Anwendungsbereich des § 24 UStG fallen. Ist der Anwendungsbereich für sie nicht (mehr) eröffnet und wenden sie die Vorschrift des § 24 UStG gleichwohl an, müssen die mit Nachforderungen durch das Finanzamt rechnen. Darüber hinaus können sich aus der unberechtigten Anwendung des § 24 UStG steuerstrafrechtliche Konsequenzen ergeben.

Zum anderen müssen Pauschallandwirte beachten, dass seit dem 01.01.2022 der geänderte Durchschnittssatz von 9,5 % zugrunde zu legen ist.