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Aktuelles

13.01.2020

Geringfügigkeit eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Erfüllung der Greening-Verpflichtungen

VG Neustadt (Weinstraße) Urteil vom 09.08.2019 - 2 K 127/19.NW

 

Das Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) hat am 09.08.2019 ein Urteil erlassen (2 K 127/19.NW), welches sich mit der Sanktionierung eines Verstoßes gegen die ausreichende Ausweisung von ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) gemäß Art. 46 VO (EU) 1307/2013 auseinandersetzt. Werden nicht ausreichend Flächen als im Umweltinteresse genutzt ausgewiesen, zieht ein solcher Verstoß grundsätzlich zwei Sanktionierungen nach sich. Dies regeln Art. 26 ff. VO (EU) 640/2014.

Im vorliegenden Fall hatte der Landwirt Flächen als „Ackerbrache mit jährlicher Einsaat von Blumenmischung“ (Nutzungscode 590) beantragt. Im Antragsjahr 2017 galt dieser Nutzungscode jedoch noch nicht als ökologische Vorrangfläche (ÖVF). Dies habe der Landwirt nicht gewusst. Die Behörde zog daraufhin zweimal Fläche ab, was die Kürzung der Greening-Prämie zur Folge hatte.

 

1. Erste Sanktion

Das Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) hat den ersten Abzug gem. Art. 26 Abs. 2 VO (EU) 640/2014 für rechtmäßig befunden. Schließlich erfülle ein Betriebsinhaber seine Greening-Verpflichtungen nur, wenn dieser mindestens 5 % seiner Flächen als im Umweltinteresse genutzte Flächen ausweist. Dafür muss der Betriebsinhaber die ökologischen Vorrangflächen in dem Förderantrag einer Nutzungsart zuordnen und sie mit dem entsprechenden Nutzungscode versehen.

Dass der Landwirt sich hier geirrt habe, dass der Nutzungscode 590 noch nicht als ökologische Vorrangfläche förderfähig sei, ist nach der Ansicht des Verwaltungsgerichts Neustadt (Weinstraße) unbeachtlich. Denn in den formulargeschützten Antragsverfahren seien in erster Linie die Eingaben des Betriebsinhabers im Sammelantrag in den bereichsspezifischen Förderanträgen maßgeblich. Ein solcher (sog. Motiv-)Irrtum lässt die Angaben im Förderantrag nicht unrichtig werden, sodass die Kürzung der Greening-Prämie zulässig und geboten war.

 

2. Zweite Sanktion

Die zusätzliche Verwaltungssanktion gem. Art. 28 Abs. 1 VO (EU) 640/2014 um eine weitere Teilfläche war jedoch nicht gerechtfertigt. Diese Sanktion war nämlich unverhältnismäßig, da ein Anwendungsfall des Art. 77 Abs. 2 Buchstabe e) VO (EU) 1306/2013 vorlag.

Nach dieser Vorschrift dürfen keine Verwaltungssanktionen verhängt werden, wenn der Verstoß geringfügigen Charakter hat. Das Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) hat den Verstoß des Klägers gegen die Kennzeichnungsvorgaben des Greening-Programms als geringfügig eingestuft. Der Landwirt hatte die strittigen Flächen tatsächlich im Umweltinteresse genutzt, sodass negative ökologische Auswirkungen des Verstoßes auf die Ziele des Greening-Programms zu vernachlässigen sind, sollten die Auswirkungen nicht sogar ganz ausgeschlossen sein. Der tatsächliche ökologische Nutzen ist nämlich eingetreten. Mithin haben sich auch keine finanziellen Nachteile für das Greening-Programm ergeben, sodass die Geringfügigkeit anzunehmen war. Die weitere Sanktion durfte nicht verhängt werden.

 

3. Fazit

Ob allein der Sammelantrag für die Verwaltungssanktion nach Art. 26 Abs. 2 VO (EU) 640/2014 entscheidend sein kann, bleibt bis zur Klärung dieser Frage durch ein höheres Gericht zumindest zweifelhaft. Denn auch die Behörden haben die beihilfefähigen Flächen entsprechend zu ermitteln.

Bezüglich der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes „geringfügiger Charakter“ ist dem Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) jedoch zuzustimmen. Denn wenn der Landwirt die Greening-Verpflichtungen tatsächlich erfüllt, liegt schlicht und einfach kein Bedürfnis vor, den Landwirt doppelt zu sanktionieren. Dies könnte unter Umständen nämlich sogar dazu führen, dass Landwirte sich nach einem fehlerhaften Antrag gezwungen sehen, die Greening-Verpflichtungen nicht weiter einzuhalten, um zumindest den wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen.

Nach unserer Ansicht sind die rechtlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts Neustadt (Weinstraße) nicht nur für den Fall der Angabe eines falschen Nutzungscodes anwendbar, sondern sie müssten u. a. auch auf die Fälle übertragbar sein, in welchen der Änderungsantrag gem. § 11 a Abs. 3 InVeKosV nicht bzw. nicht rechtzeitig gestellt wurde, der Landwirt aber trotzdem die Greening-Verpflichtungen eingehalten hat. Dies ist jedoch durch die Rechtsprechung noch nicht geklärt.