Gesellschafter einer land- und forstwirtschaftlich tätigen Gesellschaft als (Mit-)Betriebsinhaber im Sinne des § 51a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a BewG - BFH Urteil vom 16.05.2024 (Az. VI R 6/22) und Fortentwicklung der Rechtsprechung
I. Rechtsfrage
Die aus einer gemeinschaftlichen Tierhaltung resultierenden Einkünfte werden nur dann als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 13 EStG behandelt, wenn die Anforderungen des § 51a Bewertungsgesetzes (BewG) erfüllt sind. Dies setzt nach § 51a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a BewG voraus, dass alle Gesellschafter bzw. Mitglieder der Tierhaltungsgemeinschaft Inhaber eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft mit selbstbewirtschafteten regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen sind.
Beteiligt sich eine Personengesellschaft an einer Tierhaltungsgemeinschaft, so stellt sich die Frage, ob jeder Gesellschafter der Personengesellschafter selbst Inhaber eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft sein muss oder ob es genügt, dass die Personengesellschaft einen solchen Betrieb unterhält.
II. Bisherige Rechtsprechung - Anerkennung nur bei Beteiligungsidentität
In der bisherigen Rechtsprechung des BFH war anerkannt, dass Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auch dann vorliegen können, wenn eine landwirtschaftlich tätige GbR die Möglichkeit zur landwirtschaftlichen Tierhaltung in Vieheinheiten auf eine andere Personengesellschaft, die einen Betrieb zur Tierhaltung ohne ausreichende Nutzung eigener landwirtschaftlicher Flächen unterhält, überträgt. In seinem Urteil vom 27.11.2019 (Az. II R 43/16) entschied der BFH bereits, dass zwar die Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG in der Person der Gesellschafter erfüllt sein müssen. Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist in erster Linie also die Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) selbst. Aber auch die Gesellschafter, die als Mitunternehmer anzusehen sind, sind Inhaber des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, weil die Mitunternehmerschaft für ertragsteuerliche Zwecke transparent ist. Den Mitunternehmern werden die Handlungen der Mitunternehmerschaft zugerechnet. Das gilt auch für die Überlassung der Vieheinheiten.
Der BFH begrenzte diese Betrachtung in seinem Leitsatz aber zunächst auf Fälle, in denen an beiden Gesellschaften jeweils dieselben Gesellschafter beteiligt sind (Beteiligungsidentität). Daher war unklar, ob § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a BewG auch in anderen Fällen, in denen keine Beteiligungsidentität vorliegt – etwa wenn zusätzlich auch Dritte sich an der Tierhaltungsgemeinschaft beteiligen –, erfüllt sein kann.
III. Entscheidung des BFH vom 16.05.2024 (Az. VI R 6/22)
In seinem jüngsten Urteil vom 16.05.2024 bestätigte der BFH die grundsätzlichen Aussagen der bisherigen Rechtsprechung und stellt dabei klar, dass es nicht auf eine Beteiligungsidentität, sondern lediglich darauf ankommt, dass sämtliche Mitunternehmer der Personengesellschaft an der Tierhaltungsgemeinschaft beteiligt sind. Folgende Punkte stellt er hierfür nochmals klar:
Insoweit gilt: Unterhält eine Mitunternehmerschaft einen landwirtschaftlichen Betrieb und bewirtschaftet hierbei landwirtschaftliche (Pacht-)Flächen, ist die Mitunternehmerschaft – und auch jeder Mitunternehmer – Inhaberin eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs i.S.d § 51a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a BewG. Aus dieser Bewirtschaftung folgt die Möglichkeit, Vieheinheiten an eine Tierhaltungsgemeinschaft zu übertragen. Die auf Ebene der Tierhaltungsgemeinschaft erzielten Einkünfte sind dann auch als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft – und nicht als gewerbliche Einkünfte – einzuordnen, wenn sich alle Mitunternehmer der land- und forstwirtschaftlichen Gesellschaft an der Tierhaltungsgemeinschaft mit jeweils einem eigenen oder einem gemeinschaftlichen Anteil beteiligen. Die aus der Bewirtschaftung der Flächen resultierenden Vieheinheiten stehen nämlich nicht dem einzelnen Gesellschafter (Mitunternehmer) zu, sondern der Gesellschaft.
Der BFH stellt aber auch klar: Sind neben den Mitunternehmern noch weitere Personen an der Tierhaltungsgemeinschaft beteiligt, müssen die Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a BewG aber auch in der Person des Dritten erfüllt sein.
IV. Bedeutung und Ausblick
Zum 01.01.2024 tritt § 51a BewG zwar außer Kraft. Für Wirtschaftsjahre, die vom Kalenderjahr abweichen, gilt diese Vorschrift aber noch bis zum Ende des angefangenen Wirtschaftsjahres (2024/2025) fort. Die Nachfolgeregelung in § 13b EStG enthält aber im Wesentlichen die gleiche Regelung. Die Ausführungen des BFH gelten also fort.