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Aktuelles

13.08.2018

Hofabgabeklausel für Altersrente von Landwirten teilweise verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat sich am 23.05.2018 mit der Frage beschäftigt, ob die Kopplung der Altersrente für Landwirte bzw. für deren Ehegatten an die Abgabe eines landwirtschaftlichen Hofes mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Die Ehefrau eines Landwirtes wollte Altersrente von der landwirtschaftlichen Alterskasse beziehen. Der Antrag wurde abgelehnt, weil der Ehegatte bereits die Regelaltersgrenze erreicht und das landwirtschaftliche Unternehmen noch nicht abgegeben hatte. Hier stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass nach Art. 6 Abs. 1 GG Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, wobei verfassungsrechtlich geschützt eine Ehe ist, in der die Eheleute in einer gleichberechtigten Partnerschaft zueinander stehen und in der die Ehegatten ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung in gemeinsamer Verantwortung bestimmen. Das schließt eine einseitige Dominanz eines Ehepartners aus. Auch der Gesetzgeber darf eine solche Dominanz nicht durch sein eigenes Gesetz rechtlich begründen. Aus diesem Grund war die Ablehnung des Rentenantrages in diesem Fall nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Im zweiten Fall wurde der Rentenantrag eines Landwirts abgelehnt, weil dessen landwirtschaftliche Nutzfläche die zulässige Rückbehaltsfläche von 6 ha um ein Vielfaches überschritt. Aus diesem Grund war das landwirtschaftliche Unternehmen nicht abgegeben, so dass er keinen Rentenanspruch gehabt hätte. Hier stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass mit der Pflicht zur Hofabgabe als Voraussetzung eines Rentenanspruchs gem. § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG in die grundrechtlich geschützte Eigentumsfreiheit eingegriffen wird. Ein solcher Eingriff darf jedoch nicht weiter gehen, als es die Belange des Gemeinwohls erfordern. Ferner müssen Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen. Eine solche Abwägung ist der bisherigen gesetzlichen Regelung in § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG nicht zu entnehmen, weil das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte keine Härtefallregelung für die Hofabgabe vorsieht.

Im Ergebnis erklärt das Bundesverfassungsgericht § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG insgesamt für unanwendbar.

§ 11 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 ALG bleiben hingegen weiter anwendbar. Soweit das Bundesverfassungsgericht § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG insgesamt für unanwendbar erklärt hat, hat diese Entscheidung gem. § 31 Bundesverfassungsgerichtsgesetz Gesetzeskraft. Paragraph 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG darf also in der bisherigen Fassung durch die Gerichte und Behörden nicht mehr angewandt werden. Welche Folgen dies für den jeweiligen Landwirt hat, ist im Einzelfall festzustellen.