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Aktuelles

21.07.2023

Kein Beweisverwertungsverbot bei offener Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Mit Urteil vom 29.06.2023 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass Videoaufzeichnungen aus einer offenen Videoüberwachung, die ein vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen, in einem Kündigungsschutzverfahren verwertbar sind.

In dem zugrundeliegenden Verfahren hatte der Arbeitgeber gegenüber einem Arbeitnehmer einer Gießerei eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung ausgesprochen. Anlass hierfür war ein anonymer Hinweis an den Arbeitgeber. Aus der daraufhin erfolgten Auswertung der Videoaufzeichnungen an einem Tor zum Werksgelände ging hervor, dass der betroffene Arbeitnehmer zunächst das Werksgelände betreten, jedoch noch vor Beginn seiner Schicht wieder verlassen hat. Seinem Arbeitgeber gegenüber gab er an, zu dieser Zeit gearbeitet zu haben und ließ sich den hierfür vereinbarten Lohn auszahlen.

Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage. Im Prozess führte der Arbeitgeber als Beweis dafür, dass der Arbeitnehmer das Werksgelände noch vor Schichtbeginn wieder verlassen hat (Arbeitszeitbetrug), Videoaufzeichnungen vom Werkstor ein. Auf die dort gut sichtbar angebrachte Kamera und die Anfertigung von Videoaufzeichnungen wurde durch ein Piktogramm hingewiesen. Zudem existiert bei dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung über die elektronische Anwesenheitserfassung, in der geregelt ist, dass keine personenbezogene Auswertung der auf diese Weise erfassten Daten erfolgen darf.

Nachdem die Vorinstanzen der Klage des Arbeitnehmers jeweils stattgegeben haben, hat das BAG die Sache nunmehr an das Landesarbeitsgericht Niedersachsen zurückverwiesen. Es führte zur Begründung aus, dass in einem Kündigungsschutzprozess auch solche Videoaufzeichnungen verwertet werden dürfen, die durch Überwachungsmaßnahmen entstanden sind, welche nicht vollständig mit den Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Einklang stehen. Voraussetzung sei allerdings, dass die Datenerhebung offen – das heißt für den einzelnen Arbeitnehmer erkennbar – erfolgt und zumindest der Verdacht eines vorsätzlichen Verstoßes gegen arbeitsvertragliche Pflichten besteht. Auch ein Verstoß gegen die beim Arbeitgeber bestehende Betriebsvereinbarung führe nicht zu einem Beweisverwertungsverbot und sei für die Gerichte in dieser Hinsicht unverbindlich.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 29.06.2023 (2 AZR 296/22)

 

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