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Aktuelles

04.02.2020

Neues zu Rechten schwerbehinderter Menschen und ihnen Gleichgestellten

Das Bundesarbeitsgericht hat am 23.01.2020 (Az: 8 AZR 484/18) entgegen der Vorinstanz entschieden und bestätigt, dass das Unterlassen einer Einladung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch lediglich ein Indiz einer Diskriminierung wegen der Schwerbehinderung oder Gleichstellung darstellt. Diese Vermutung kann widerlegt werden, § 22 AGG. Im vorliegenden Fall hatte das beklagte Land (der Kläger hatte sich unter deutlichem Hinweis auf den Grad seiner Behinderung von 30 und seiner Gleichstellung beim Oberlandesgericht Köln für den Gerichtsvollzieherdienst als Quereinsteiger beworben) argumentiert, eine – zwingende – Einladung zu einem Vorstellungsgespräch (siehe § 165 S. 3 SGB IX) sei nur deshalb nicht erfolgt, weil beim Oberlandesgericht die Bewerbung des Klägers aufgrund eines schnell überlaufenden Outlook-Postfachs und wegen ungenauer Absprachen unter den mit den Bewerbungen befassten Mitarbeitern gar nicht in den normalen Geschäftsgang gelangt sei. Der Kläger sei nicht wegen seiner Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung benachteiligt worden.

 

Dies reichte dem Bundesarbeitsgericht nicht, um die Vermutung der Diskriminierung durch die Nichteinladung zum Bewerbungsgespräch zu beseitigen. Das Land habe nicht vorgetragen, dass ihm trotz Zugangs der Bewerbungsunterlagen ausnahmsweise eine tatsächliche Kenntnisnahme nicht möglich war. Die Entschädigung wurde in diesem Fall auf 1,5 Monatsgehälter gemäß § 15 Abs. 2 AGG festgesetzt.

 

In einem weiteren Urteil vom 22.01.2020 (Az: 7 ABR 18/18) beschäftigte sich das Bundesarbeitsgericht mit der Frage, ob die Schwerbehindertenvertretung gemäß § 178 Abs. 2 S. 1 SGB IX anzuhören ist, wenn ein Antrag auf Gleichstellung bereits gestellt und dem Arbeitgeber auch bekannt ist, über ihn aber von der Bundesagentur für Arbeit noch nicht entschieden worden ist.

 

Eine bei einem Jobcenter beschäftigte Arbeitnehmerin, die am 04.02.2015 einen Gleichstellungsantrag gestellt hatte (GdB 30) und darüber ihren Arbeitgeber auch informiert hatte, war im November 2015 ohne Anhörung der Schwerbehindertenvertretung für 6 Monate in ein anderes Team umgesetzt worden. Die Schwerbehindertenvertretung wurde davor nicht unterrichtet und angehört. Mit Bescheid aus April 2016 wurde die Arbeitnehmerin dann rückwirkend zum Antragsdatum einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

 

Die Schwerbehindertenvertretung scheiterte mit ihrem Antrag, das Jobcenter sei verpflichtet, sie vorsorglich auch dann im Hinblick auf die genannte Bestimmung des § 178 Abs. 2 S. 1 SGB IX zu unterrichten und anzuhören, wenn ein Gleichstellungsantrag erst gestellt und dem Arbeitgeber bekannt sei. Diesen Anspruch verneint das BAG mit dem Argument, dass die Gleichstellung erst durch die konstitutiv wirkende Feststellung der Bundesagentur für Arbeit erfolge und vorher gerade kein Beteiligungsrecht der Schwerbehindertenvertretung bestehe. Das gelte auch dann, wenn die Gleichstellung auf den Tag des Antragseingangs zurückwirke.