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Aktuelles

21.04.2020

Rechtliche Auswirkungen der COVID-19-Pandemie im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht

Die Bundesregierung hat mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht verschiedene Maßnahmen beschlossen, durch welche sie die wirtschaftliche Existenz insbesondere von Verbrauchern und Kleinstunternehmern sichern und die Handlungsfähigkeit für Unternehmen und Vereine gewährleisten will.

Die Regelungen sollen zunächst für das Jahr 2020 gelten und können durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Wege der Verordnung auf das Jahr 2021 verlängert werden.

 

1. Gesellschaftsrecht

Für Gesellschaften soll durch das Gesetz sichergestellt werden, dass trotz Einschränkungen der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit Beschlüsse gefasst werden können und die Handlungsfähigkeit zu erhalten.

Zu diesem Zweck werden vorübergehend substantielle Erleichterungen für die Durchführung von Hauptversammlungen der Aktiengesellschaft (AG), für Gesellschafterversammlungen der GmbH, General- und Vertreterversammlungen der Genossenschaft und Mitgliederversammlungen von Vereinen eingeführt.

 

a) Aktiengesellschaft

So kann der Vorstand einer AG zum Beispiel abweichend von den Regelungen des § 118 AktG auch ohne Satzungsermächtigung eine Online-Teilnahme an der Hauptversammlung ermöglichen. Außerdem soll erstmals (endlich) auch die Möglichkeit einer präsenzlosen Hauptversammlung mit geschaffen werden. Dabei handelt es sich in Deutschland um ein absolutes Novum. Anfechtungsmöglichkeiten wegen so gefasster Beschlüsse schließt der Entwurf weitgehend aus.

Die Einberufungsfrist in § 123 AktG soll zudem auf 21 Tage verkürzt und dem Vorstand ermöglicht werden, auch ohne Grundlage in der Satzung Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn vorzunehmen. Die bisherige Achtmonatsfrist für die Durchführung der Hauptversammlung wird verlängert.

 

b) GmbH

Abweichend von § 48 Abs. 2 GmbHG können Beschlüsse in Textform (z.B. Email) oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden.

 

c) Genossenschaft

Auch bei Genossenschaften wird § 43 Abs. 7 GenG dergestalt eingeschränkt, dass Beschlüsse auch dann schriftlich oder elektronisch gefasst werden können, wenn dies nicht in der Satzung zugelassen ist. Es ist in der Niederschrift die Art der Stimmabgabe zu vermerken und ein Verzeichnis der beteiligten Mitglieder beizufügen. Die Einberufung kann auch auf der Internetseite oder durch unmittelbare Benachrichtigung der Mitglieder in Textform erfolgen. Der Jahresabschluss kann auch durch den Aufsichtsrat festgestellt werden und, wie in der AG, eine Abschlagszahlung auf die zu erwartende Dividende oder Auseinandersetzungsguthaben gezahlt werden.

Ferner bleiben Organmitglieder auch bei Ablauf ihrer Amtszeit so lange im Amt, bis ein Nachfolger bestellt worden ist. Sowohl die Anzahl des Vorstands als auch des Aufsichtsrats darf die im Gesetz oder Satzung vorgesehene Mindestzahl unterschreiten. Auch diese Organe dürfen Beschlüsse im Umlaufverfahren oder in Telefon- oder Videokonferenzen fassen, selbst wenn das nicht in der Satzung vorgesehen ist.

 

2. Umwandlungsrecht

In Umwandlungsfällen darf der in § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG vorgesehene Rückbezug auf die zugrunde gelegte Bilanz statt sonst 8 Monate nun maximal 12 Monate betragen.

 

3. Insolvenzrecht

Die Besonderheiten im Insolvenzrecht ergeben sich aus dem Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (CovInsAG). Die wichtigste Regelung des neuen CovInsAG (verkündet am 27.03.2020, BGBl I 2020, S. 569) ist, dass die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt wird bis zum 30.09.2020, es sei denn die Insolvenzreife beruht nicht auf der Ausbreitung des Virus oder es bestehen keine Aussichten für die Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit. Das Beruhen und die Beseitigungsmöglichkeit werden gesetzlich vermutet. Die pandemiebedingte Insolvenzreife wird sehr weit ausgelegt.

Weitere wichtige Regelungen sind die Einschränkung der Geschäftsführerhaftung (Zahlungen gelten als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vorgenommen), die Beschneidung des Anfechtungsrechts bei neuen Krediten und Gesellschafterdarlehen im Aussetzungszeitraum und die Begründetheit von Gläubigeranträgen bei Vorliegen des Eröffnungsgrundes bereits am 01.03.2020. Diese Regelungen gelten auch für nicht antragspflichtige Unternehmen. Das Gesetz ist verlängerbar bis zum 31.03.2021.