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Aktuelles

06.02.2024

Teilweise Verfassungswidrigkeit von Paragraf 6 Abs. 5 S. 3 EStG bei Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften

Mit dem am 12.01.2024 veröffentlichten Beschluss vom 28.11.2023 hat das Bundesverfassungsgericht § 6 Abs. 5 S. 3 EStG für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt, soweit hiernach die Übertragung von Wirtschaftsgütern zu Buchwerten zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften ausgeschlossen ist.

§ 6 Abs. 5 S. 3 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001 (UnStFG) ermöglicht die Übertragung von Wirtschaftsgütern zu Buchwerten, d.h. ohne Aufdeckung der stillen Reserven, zwischen

  • Betriebsvermögen eines Mitunternehmers und dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt,
  • dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist, und umgekehrt oder
  • den Sonderbetriebsvermögen von Mitunternehmern derselben Mitunternehmerschaft.

Die Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Mitunternehmerschaften ist hiernach nicht privilegiert. Da die Norm aufgrund des eindeutigen Wortlauts auch nicht so ausgelegt werden konnte, dass diese Form der Übertragung ebenfalls steuerlich privilegiert ist, sah das BVerfG darin einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG). Sachlich einleuchtende Gründe, die diese Ungleichbehandlung rechtfertigen können, seien nicht ersichtlich. Dies begründet das BVerfG u.a. wie folgt:

  • Allein ein (zivilrechtlicher) Rechtsträgerwechsel könne die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen, weil ein solcher auch in den geregelten Fällen des § 6 Abs. 5 S. 3 EStG stattfindet.
  • Die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen erhöhe sich nicht. Bei einer Übertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften wird den Mitunternehmern auch weiterhin das Wirtschaftsgut im selben Umfang zugerechnet.
  • In den geregelten Fällen des § 6 Abs. 5 S. 3 EStG nimmt es der Gesetzgeber sogar hin, dass Wirtschaftsgüter innerhalb einer Mitunternehmerschaft neugeordnet oder von einem Alleineigentümer auf mehrere Personen verteilt werden können. Daher ist es nicht einleuchtend, dass eine Übertragung, die die (steuerliche) Zuordnung unverändert lässt, nicht privilegiert sein soll.
  • Das Ziel des UnStFG, Umstrukturierungen von Personengesellschaften zu begünstigen, kann die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen, weil es an einer sachgerechten Abgrenzung des Kreises der Privilegierten mangelt. Denn dieses Ziel würde auch bei beteiligungsidentischen Personengesellschaften erfüllt werden.

Der Gesetzgeber ist nun verpflichtet rückwirkend für Übertragungsvorgänge nach dem 31.12.2000 eine Neuregelung zu treffen.

Das Urteil hat damit weitreichende Wirkungen. In bereits anhängigen Rechtsbehelfsverfahren sollten Betroffene sich das Urteil und die Ausführungen des BVerfG zu eigen machen. Betroffene, gegenüber denen das Finanzamt erstmalig eine Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 EStG) zuungunsten der Steuerpflichtigen berücksichtigt, sollten darauf achten, dass die Festsetzungen insoweit vorläufig erfolgen (§ 165 Abs. 1 Nr. 2 AO) bis der Gesetzgeber eine Neuregelung geschaffen hat.