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Aktuelles

18.09.2018

Unwirksamkeit der Windkraftklausel der BVVG in EALG-Kaufverträgen, kein Rückkaufsrecht der BVVG Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.09.2018 - V ZR 12/17

Der Bundesgerichtshof hat am 14.09.2018 das mit Spannung erwartete Urteil im Revisionsverfahren zu den Fragen der Wirksamkeit der Windkraftklausel und weiterer Rechte zugunsten der BVVG im Falle der Errichtung von Windenergieanlagen auf nach den Vorschriften des Ausgleichsleistungsgesetzes (AusglLeistG) und der Flächenerwerbsverordnung (FlErwV) vergünstigt erworbenen Flächen verkündet. Dabei ist der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zu folgenden Kenntnissen gelangt:

  • Die Mehrerlösklausel der EALG-Verträge der BVVG ist unwirksam.
  • Der BVVG steht im Falle der Errichtung von Windenergieanlagen kein Wiederkaufsrecht zu.
  • Sofern durch die Errichtung nicht wesentliche Flächen des erworbenen Grundstückes in Anspruch genommen werden, steht der BVVG auch kein Rücktrittsgrund vom Kaufvertrag zu.

Der V. Zivilsenat hat die Revision gegen das Urteil des Kammergerichts Berlin zum Anlass nehmen können, die Frage der Rechte der BVVG im Falle der nachträglichen Errichtung von Windenergieanlagen auf nach dem AusglLeistG erworbenen Grundstücken umfassend und unserer Ansicht nach abschließend zu klären. Er ist hinsichtlich der Rechte der BVVG zu einem sehr eindeutigen Ergebnis gelangt. Der BVVG steht weder ein Wiederkaufsrecht noch ein Zahlungsanspruch zur Seite. Auch ein Rücktrittsrecht wird in den allermeisten Fällen nicht gegeben sein, da dieses nur dann vorliegt, wenn wesentliche Teile des Kaufgegenstandes einer anderen als einer landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden. Im Ergebnis wird man davon ausgehen können, dass annähernd sämtliche EALG-Käufer zukünftig mit Zustimmung der BVVG und ohne dass diese Rechte geltend machen könnte, Grundstücke zur Errichtung von Windenergieanlagen entweder selbst nutzen bzw. an Dritte verpachten können.

Der Senat hatte sich intensiv mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der BVVG im Falle der nachträglichen Errichtung von WEA ein Rückkaufsrecht zustehen könnte. Nur wenn dem so wäre, könnte die als Minus zu einem Rückkaufsrecht zu wertende Zahlungsregelung zugunsten der BVVG überhaupt wirksam sein. Ein Rückkaufsrecht besteht nach den vertraglichen Regelungen immer dann, wenn der Kaufgegenstand nach Erwerb für eine andere als eine landwirtschaftliche Nutzung im Sinne des § 1 Abs. 2 Sätze 4 – 6 FlErwV nutzbar wird. Der Senat hat überzeugend begründet, dass dies im Falle der Errichtung von Windenergieanlagen nicht der Fall ist. Im Außenbereich belegene Grundstücke können gemäß § 35 BauGB grundsätzlich mit Windenergieanlagen bebaut werden, solange öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Somit ändert sich die Qualität der Flächen nach Kaufvertrag durch Errichtung von Windenergieanlagen grundsätzlich nicht. Auch der Einbezug des Kaufgegenstandes in sogenannte Windeignungsgebiete eines Raumordnungsplans führt nicht zu einer planungsrechtlichen Aufwertung solcher Flächen; sie stellt nur den planungsrechtlichen Normalzustand (wieder) her bzw. bestätigt die grundsätzliche Privilegierung dergestalt, dass öffentliche Belange einer Errichtung von Windenergieanlagen nicht entgegenstehen. Der Senat stellt also für die Frage des Vorliegens eines Wiederkaufrechtes darauf ab, ob durch eine planungsrechtliche Änderung der Flächen deren grundsätzliche planungsrechtliche Qualität verändert wurde. Dies ist im Falle der Errichtung von Windenergieanlagen aufgrund der grundsätzlich bestehenden Privilegierung derselben nach Ansicht des Senates nicht der Fall. Aufgrund des Nichtbestehens des Wiederkaufsrechtes war dann auch die Mehrerlös- und Zahlungsklausel für unwirksam zu erklären.

Die Auswirkungen dieses Urteils dürften als erheblich einzustufen sein.

Für zukünftige Windparkprojekte, die auf nach dem AusglLeistG erworbenen Flächen realisiert werden sollen, dürfte nunmehr feststehen, dass die BVVG – solange die Erheblichkeitsschwelle des Rücktrittsrechtes nicht überschritten wird, wovon aber in der Praxis de facto kaum ausgegangen werden dürfte – keinerlei Rechte gegenüber den Käufern geltend machen kann, wenn diese ihre Grundstücke zur Errichtung von Windkraftanlagen zur Verfügung stellen. Die Genehmigung zur grundbuchlichen Belastung der Grundstücke, z. B. der Erteilung beschränkt persönlicher Dienstbarkeiten zugunsten der Windkraftanlagenbetreiber, muss durch die BVVG auflagenfrei und ohne Gegenleistung erteilt werden.

Auch für bereits abgeschlossene Fälle kann das Urteil erhebliche Auswirkungen haben. Es steht nunmehr fest, dass die BVVG in solchen Fällen Zahlungen bzw. bei den üblicherweise verwendeten dreiseitigen Gestattungsverträgen die vertragliche Stellung (und somit den Anspruch auf Zahlung) ohne Rechtsgrund erhalten hat. Im Regelfall dürfen solche Leistungen gemäß § 812 BGB nach den Grundsätzen der sogenannten ungerechtfertigten Bereicherung zurückgefordert werden können.

Solche Ansprüche unterliegen aber der Verjährung. Die Regelverjährungsfrist des BGB beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre. Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 BGB mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch auf Rückzahlung entstanden ist. Bei Rechten an einem Grundstück beträgt die Verjährungsfrist gemäß § 196 BGB zehn Jahre. Sollte es sich rechtlich bei den Zahlungen um nachträglichen Kaufpreis für die Grundstücke handeln, könnte auch die zehnjährige Verjährungsfrist greifen. Diese beginnt allerdings mit der Entstehung des Anspruches und endet entsprechend Tag genau (§ 200 BGB).

Aus Sicherheitsgründen sollte aber – soweit noch möglich – auf die Frist des § 195, § 199 BGB abgestellt werden. In der Regel wird man den Beginn dieser Frist auf den Zeitpunkt für die Zahlung der Mehrerlösbeträge datieren können. In den Fällen, in denen dreiseitige Gestattungsverträge mit der BVVG geschlossen wurden, wird man unter Umständen bereits den Vertragsschluss als Zeitpunkt des Beginns der Verjährung annehmen müssen, da in diesem Fall die durch den Vertrag begründete Zahlungsverpflichtung gegenüber der BVVG als die ungerechtfertigte Bereicherung angesehen werden könnte. Vorsichtshalber sollte also in diesen Fällen auf den Vertragsschluss selbst abgestellt werden. Soweit nicht bereits geschehen, ist also allen Betroffenen anzuraten, wirksame Maßnahmen zur Unterberechnung der Verjährung zu ergreifen. Dazu reicht es nicht aus, den Anspruch lediglich gegenüber der BVVG geltend zu machen. Verjährungsunterbrechende Maßnahmen sind im BGB abschließend aufgeführt. In den vorliegenden Fällen dürfte allein die Klageerhebung bzw. die Beantragung eines Mahnbescheides die Verjährung unterbrechen. Eine andere Möglichkeit ist, mit der BVVG den sogenannten Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung zu vereinbaren. Die BVVG hat spätestens seit dem Urteil des Kammergerichts Berlin auf entsprechende Anfrage sich der Abgabe einer solchen Erklärung nicht verweigert.