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Aktuelles

15.01.2019

Verbrauchsgüterkauf: Die Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr ist europarechtswidrig.

Mit Urteil vom 13.07.2017 – C-133/16 entscheid der Europäische Gerichtshof zum belgischen Verbrauchsgüterkaufrecht, dass bei gebrauchten Sachen eine vertragliche Verkürzung der zweijährigen Verjährungsfrist unzulässig sei. Die Entscheidung ist für die Anwendung des deutschen Verbrauchsgüterkaufrechts relevant, da nach § 476 Abs. 2 BGB beim Verbrauchgüterkauf von gebrauchten Sachen eine Verjährungsfrist von einem Jahr, statt der gesetzlich vorgesehenen zweijährigen Verjährungsfrist, vereinbart werden kann. Weil der Geltungsbereich der Norm nur den Abschluss eines Kaufvertrages zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer umfasst, betrifft das Problem der Europarechtswidrigkeit nicht Kaufverträge über gebrauchte Sachen zwischen zwei Unternehmern.

Doch weshalb ist die Vorschrift des § 476 Abs. 2 BGB, welche Artikel 5 der Verbrauchgüterkaufrichtlinie der Europäischen Union (RL 1999/44/EG) umsetzen soll, europarechtswidrig?

Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie unterscheidet zwischen der Haftungsfrist – das ist der Zeitraum, innerhalb dessen ein Sachmangel in Erscheinung treten muss – und der Verjährungsfrist – also der Frist, in der ein Sachmangel gegenüber der haftenden Vertragspartei geltend gemacht werden muss. Nach Artikel 5 Abs. 1 der Verbrauchgüterkaufrichtlinie beträgt die Haftungsfrist zwei Jahre ab der Lieferung des Verbrauchsgutes. Dies gilt sowohl für gebrauchte als auch für ungebrauchte Sachen. Für gebrauchte Sachen sieht Artikel 7 Abs. 1 S. 1 und 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie allerdings die Möglichkeit vor, dass sich die Vertragsparteien des Verbrauchsgüterkaufes auf eine kürzere Frist einigen können. Die kürzere Haftungsdauer darf jedoch ein Jahr nicht unterschreiten. Nach dem Wortlaut ist somit nur eine Verkürzung der Haftungsfrist und nicht auch der Verjährungsfrist möglich. Da § 476 Abs. 2 BGB nicht zwischen Haftungs- und Verjährungsfrist unterscheidet, erlaubt die deutsche Vorschrift die vertragliche Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr. Die Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ist insoweit nicht gelungen, mit dem Ergebnis, dass § 476 Abs. 2 BGB gegen Europäisches Recht verstößt.

Für die Praxis bedeutet dies, dass die verbotswidrig vereinbarte Verjährungsverkürzung auf ein Jahr, gängig etwa bei dem Verkauf von Gebrauchtwagen im Kfz-Handel, unwirksam ist. Stattdessen gilt die gesetzliche Verjährung von zwei Jahren. Sollte eine solche Vereinbarung Gegenstand der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sein, ist sie aufgrund richtlinienkonformer Auslegung nicht anwendbar. Händler von gebrauchten Sachen sollten daher eine Änderung von Vertragsmustern in Betracht ziehen. Ob es insoweit genügt, die Verkürzung auf die einjährige Haftungsfrist zu beschränken, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden, da das deutsche Kaufrecht eine Haftungsfrist nicht kennt und daher ein national gesetzlicher Anknüpfungspunkt zur Haftungsfrist im deutschen Recht fehlt. Demgegenüber begünstigt die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes Verbraucher, da sie Ansprüche auch nach Ablauf der vertraglich verkürzten Verjährungsfrist noch bis zum Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist durchsetzen können.